Wohin mit den Flüchtlingen? Seit 2011 hat der Strom der Menschen, die aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und Nordafrika in die Europäischen Union flüchten, stark zugenommen – und damit wächst der Druck auch in Bayern.
Zwar sind die Gemeinden durch die Warnung des Landratsamtes nun aufgeschreckt, eine schnelle Lösung können aber auch sie nicht versprechen. In der kommenden Woche muss das Landratsamt 20 Neuankömmlinge auf die Gemeinden im Landkreis Miesbach verteilen. Gemeinden, Privatpersonen und Vermieter sind aufgerufen, sich zu melden, wenn sie freien Wohnraum vermieten können.
Wenn das nicht möglich ist, müssen die Flüchtlinge in Landkreis-Turnhallen untergebracht werden; beispielsweise in Tegernsee. Wie lange sie dort verbleiben müssen, sei jedoch nicht abzusehen, sagt Gerhard Brandl, Pressesprecher des Landratsamtes Miesbach.
“Das Verfahren kann sich gut ein halbes Jahr hinziehen. Genau sagen kann man das aber nicht”, so Brandl auf Nachfrage. Um mit den Gemeinden nicht in Konflikt zu geraten, würden zunächst nur die Kreissporthallen zur Unterbringung genutzt werden, sagte Brandl. Das beträfe im Tal nur die Sporthalle in Tegernsee.
Keine Lösung in Sicht
Eine langfristige Lösung zeichnet sich derweil noch nicht ab. Zwar habe man in Kreuth laut Geschäftsleiterin Sabine Dirigl zwar bereits angeboten, zwei der Flüchtlinge in der Obdachlosenwohnung der Gemeinde aufzunehmen. Doch damit ist man bis jetzt die einzige Gemeinde im Tegernseer Tal.
So sieht Bürgermeister Franz Hafner aus Rottach-Egern derzeit keine Möglichkeit, Asylbewerber in seiner Kommune unterzubringen. Allerdings ist ihm die Problematik durchaus bewusst:
Ich habe mir schon Gedanken gemacht, wie wir das lösen können. Wir stehen da in der Pflicht.
Anton Staudacher, Zweiter Bürgermeister von Tegernsee, sieht das genau so. Die Tegernseer Turnhalle für die Unterbringung der Asylsuchenden zu nutzen, ist für ihn keine attraktive Option. Es werde sich aber kaum verhindern lassen, sagte Staudacher. Dennoch hoffe er, noch eine andere Lösung zu finden.
Tegernsee setzt auf Kommunikation
Dazu spricht die Tegernseer Verwaltung derzeit direkt Immobilienbesitzer an, die eventuell Wohnraum bereitstellen könnten. Auch mit den anderen Gemeinden wolle man zusammenarbeiten, so Staudacher. “Ich hoffe, dass wir noch etwas finden. Wenn sich jede Gemeinde ein bisschen anstrengt, können wir das Problem lösen.”
In Gmund sieht man allerdings keine Handlungsmöglichkeiten – oder will sie nicht sehen. Kämmerer Georg Glas weiß von der Problematik erst seit gestern. Der zuständige Geschäftsleiter Alfons Besel ist für eine Woche im Urlaub und Bürgermeister Georg von Preysing ist auf unsere Anfrage hin den ganzen Tag nicht zu sprechen. Flüchtlinge in Gmund unterzubringen, könne sich Glas im Moment allerdings nicht vorstellen. Das ehemalige Asylbewerberheim Moosrain stehe jedenfalls nicht mehr zur Verfügung.
Eine Lösung könnte sein, Container anzumieten. Die brauchen aber Platz um sie aufzustellen und die Lieferung dauert mehrere Monate. Zeit, die das Landratsamt aus Sicht der Gemeinde Gmund gehabt habe. Dort wisse man schließlich längerfristig, wie viele Menschen untergebracht werden müssten, meint Glas. Pressesprecher Gerhard Brandl sieht das jedoch anders:
Wir wären froh gewesen, wenn wir die aktuelle Situation hätten absehen können.
Im Herbst 2011 habe die bayerische Landesregierung zwar angekündigt, dass der Flüchtlingsstrom zunehmen werde. Der Landkreis sei damals aber davon ausgegangen, dass das ehemalige Gesundheitsamt mit rund 60 Plätzen ausreichen werde. Anfang 2012 habe sich dann erst abgezeichnet, dass doch mehr Menschen kommen und in Deutschland Schutz suchen. “Die aktuelle Lage ist einfach nicht abzusehen gewesen”, meint Brandl.
Entlastung nach Antragsentscheid
Grund für den derzeitigen großen Andrang ist die aktuelle politische Lage im Nahen Osten und Nordafrika. Beispielsweise kommen derzeit viele Menschen aus Syrien, wo die Regierung scheinbar auch mit Giftgas gegen die Bevölkerung vorgeht. Bei diesen Asylbewerbern dauert das Antragsverfahren allerdings länger, als beispielsweise bei Wirtschaftsflüchtlingen. Erst sobald eine Entscheidung getroffen ist, sind die Flüchtlinge “freizügig und haben sechs Monate Zeit, eine eigene Wohnung zu suchen.” Dann würden in den Bewerberheimen auch wieder Plätze frei, prognostiziert Brandl.
Das Asylantragsverfahren abzukürzen, wie es die Regierung Oberbayern angekündigt hat, ist daher die Hoffnung von Tegernsees Zweitem Bürgermeister Staudacher. Denn die Menschen in der direkten Nachbarschaft mit Einheimischen unterzubringen, sei problematisch. “Die Nachbarn sind in der Regel sehr skeptisch”, weiß Staudacher.
Um zwischen den Asylbewerbern und den Nachbarn zu vermitteln, will das Landratsamt gemeinsam mit freien Trägern eine Sozialarbeiterstelle einrichten. Dieser soll künftig die knapp 200 Bewerber betreuen und bei allen Belangen helfen, beispielsweise bei Behördengängen oder beim Ausfüllen von Anträgen. Ausgeschrieben sei die Stelle aber noch nicht, so Brandl.